Nach den § 41 Abs. 2 Satz 1 EnWG sind dem Kunden »vor Vertragsschluss verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten«. Nach den zugrunde liegenden Richtlinien soll der Kunde »über ein breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten verfügen können«:
EnWG § 41 Energielieferverträge mit Haushaltskunden
…
(2) 1Dem Haushaltskunden sind vor Vertragsschluss verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten. …
Richtlinie 2009/73/EG Anhang I
(1) … soll … sichergestellt werden, dass die Kunden … d) über ein breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten verfügen können, durch die sie nicht unangemessen benachteiligt werden
Es gibt zwar keine direkte Sanktion bei einem Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Satz 1 EnWG, dies ist aber abmahnfähig, [35] d.h. es droht ein Wettbewerbsstreit.
Es stellen sich mehrere Fragen, welche erst zum Teil höchstrichterlich geklärt sind:
- Dürfen für einzelne Zahlungswege gesonderte Entgelte verlangt werden und wie hoch dürfen diese sein?
- Was genau ist unter »Zahlungsmöglichkeiten« bzw. »Zahlungsmodalitäten« zu verstehen? Geht es hier nur um das »Zahlungsmittel« beziehungsweise die Zahlungswege (Barzahlung, Überweisung, Bankeinzug usw.) oder weitergehend zum Beispiel auch um die Frage der Fälligkeit?
- Reicht es, wenn der Lieferant verschiedene Verträge mit verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten anbietet, im einzelnen Vertrag jedoch nur eine Zahlungsmöglichkeit eröffnet?
- Bedeutet »verschiedene«, dass zwei oder drei Zahlungsmöglichkeiten anzubieten sind?
>> ZahlungsentgelteBezüglich der Frage der Zahlungsentgelte gibt § 312a Abs. 4 BGB in der seit 13.06.2014 geltenden Fassung einen Hinweis:
BGB § 312a
…
(4) Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn
- für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder
- das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.
Es ist also wenigstens eine »gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit« anzubieten, wobei das Gesetz nicht definiert, was »gängig« und »zumutbar« ist. Die übliche Einzugsermächtigung bzw. das SEPA-Lastschriftmandat sollten jedoch darunter fallen, da dies für die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung eine selbstverständliche Möglichkeit ist. Barzahlungen, Zahlung mit EC-Karte, Lastschriften und Überweisungen sind gängige Zahlungsmöglichkeiten, während dies für die Kreditkartenzahlung zweifelhaft ist. [36]Die Unentgeltlichkeit bezieht sich dabei darauf, dass der Unternehmer wenigstens eine Möglichkeit anbieten muss, für welche er kein Entgelt verlangt. Ob der Kunde z.B. für eine Überweisung oder eine Lastschrift an seine Bank ein Entgelt bezahlen muss oder nicht, ist unerheblich.
Werden für weitere (ungängige) Zahlungsmittel gesonderte Entgelte verlangt, so dürfen diese nicht mehr als kostendeckend sein. Diese gesetzliche Vorschrift lässt Lieferanten somit immerhin den Spielraum, für »ungängige« weitere Zahlungsmöglichkeiten ein kostendeckendes Entgelt zu verlangen. Nachdem sich § 41 Abs. 2 Satz 1 EnWG zu der Frage der Zahlungsentgelte nicht äußert, schließt er solche jedenfalls nicht aus.
Auch aus der Rechtsprechung des BGH – schon aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 312a Abs. 4 BGB n.F. – ergibt sich, dass die Richtlinien nicht fordern, dass die den Kunden angebotenen verschiedenen Zahlungsmethoden für die Kunden kostenneutral sind. [37] Das Kammergericht ist ebenfalls dieser Auffassung: § 41 Abs. 1 Satz 2 EnWG verbiete den Lieferanten nicht, mit einem Vertragsangebot verschiedene Zahlungsweisen zu verbinden, die wiederum mit jeweils eigenen Preisgestaltungen verknüpft seien. [38]>> Was sind »Zahlungsmöglichkeiten«Das Energiewirtschaftsgesetz definiert selbst nicht, was unter »verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten« zu verstehen ist. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aber, dass § 41 EnWG der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien dient. Das nationale Recht ist damit im Lichte des Wortlauts und der Ziele des Unionsrechts richtlinienkonform auszulegen und anzuwenden. [39]Nach Anhang I Buchst. d der Gasrichtlinie soll mit den in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie genannten Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Kunden über ein »breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten« verfügen können, durch die sie nicht unangemessen benachteiligt werden. [40]Der Begriff »Zahlungsmodalitäten« ist nicht so umfassend zu verstehen, dass er jedwede Zahlungsregelung – also auch Bestimmungen über die Stückelung von etwaigen Vorauszahlungen – mit einschließt, so dass auch diese bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen wären, ob dem Kunden ein »breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten« geboten wird. Vielmehr ergibt sich aus anderen Sprachfassungen [41] und der Entstehungsgeschichte der Richtlinie, dass mit »Zahlungsmodalitäten« grundsätzlich nur die Zahlungsmittel beziehungsweise die Zahlungswege gemeint sind. [42]Die Zahlungsart »Banküberweisung« beinhaltet zwei Zahlungsmöglichkeiten: Zum einen kann eine Überweisung dadurch erfolgen, dass der geschuldete Geldbetrag von einem Konto des Kunden bei einem Kreditinstitut abgebucht und dem Konto des Geschäftspartners gutgeschrieben wird. Zum anderen ist eine Überweisung aber auch als Barüberweisung (»halbbare« Überweisung) möglich. Hierbei zahlt der Kunde bei einer Bank den geschuldeten Betrag in bar ein, ohne dass er ein Konto bei dieser Bank unterhalten muss. [43]Die Klausel »Sämtliche Rechnungsbeträge sind (…) ohne Abzug im Wege des Lastschriftverfahrens oder von Jahreszahlern mittels Überweisung zu zahlen« hat der BGH hingegen verworfen. Da damit eine Zahlung per Überweisung nur denjenigen Kunden eröffnet sei, die sich für eine »Jahreszahlung« entschieden haben, benachteilige die Klausel die Kunden unangemessen. [44]Der Lieferant schränke die Auswahl der Kunden zwischen den verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten dadurch ein, dass er die Zahlung mittels Überweisung nicht für den »Regelfall« der monatlich oder quartalsweise zu leistenden Abschlagszahlungen eröffne, sondern diese nur bei einer jährlichen Vorauszahlung vorsehe. Die Zahlung per Überweisung werde damit für den Kundenkreis der einkommensschwachen Kunden eingeschränkt, denen es oft nicht möglich sei, den jährlichen Zahlungsbetrag auf einmal aufzubringen. Solchen Kunden stehe somit kein »breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten«, sondern, falls sie ein Bankkonto unterhalten, nur eine einzige Zahlungsweise (Lastschrift) oder, falls sie kein Konto besitzen, gar keine Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung. Dieser mit der verwendeten Zahlungsklausel für die genannten Kunden verbundene Nachteil führe dazu, dass die gesetzlichen Vorgaben des § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 EnWG nicht mehr erfüllt seien. [45]>> Verschiedene Zahlungsmöglichkeiten in jedem Vertrag?Offen ist jedoch weiterhin die Frage, ob es zulässig ist, dass ein Energielieferant nur eine einzige Zahlungsweise für einen bestimmten Tarif wie beispielsweise ein Online-Produkt festlegt, falls die Kunden bei anderen Produkten desselben Energieversorgers andere Zahlungsweisen auswählen können. [46]Der Wortlaut des § 41 Abs. 2 Satz 1 EnWG (»vor Vertragsschluss«) spricht klar dafür, dass je Tarif nur eine Zahlungsmöglichkeit bestehen muss, wenn der Lieferant verschiedene Tarife mit verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten anbietet. Die Richtlinie ist in diesem Punkt allerdings keineswegs eindeutig.
Im hier mehrfach zitierten Verfahren vor dem BGH [47] war dieser Punkt deshalb nicht relevant, weil der Lieferant ausweislich der erstinstanzlichen Entscheidung keinen anderen Tarif, als den streitigen anbot. [48]Das Kammergericht ist der Auffassung, wenn der Lieferant den Kunden vor Vertragsschluss unterschiedliche Zahlungswege anbiete (hier: Einzugsermächtigung bzw. Überweisung) sei es unschädlich, den Zahlungsweg Überweisung mit einer Vorauszahlungspflicht des Kunden in Höhe des voraussichtlichen Jahresverbrauchs zu kombinieren. [49] Ersichtlich ist das Kammergericht der Auffassung, es reiche aus, vor Vertragsschluss unterschiedliche Zahlungswege anzubieten. Allerdings liegt nach Auffassung des BGH eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darin, dass eine Zahlung per Überweisung nur denjenigen Kunden eröffnet werde, die sich für eine »Jahreszahlung« entschieden haben. [50]Im Ergebnis spricht alles dafür, dass der Lieferant seinen Verpflichtungen genügt, wenn er verschiedene Zahlungswege dadurch anbietet, dass er verschiedene Tarife anbietet, dort jeweils dann aber nur einen Zahlungsweg eröffnet, wobei die Konditionen – nicht aber der Preis – im Übrigen bei den »Vergleichstarifen« identisch sein müssen.
In der praktischen Umsetzung erscheint es aber eher sinnvoll, in jedem Vertrag mehrere (mindestens zwei, besser drei) Zahlunsgswege zu eröffnen und für den/die lästigeren Weg(e) ein – nicht mehr als kostendeckendes – Entgelt zu erheben.
>> Transaktionskosten oder Vorhaltekosten?Allerdings stellt sich dann als Nächstes die Frage, ob unter »Kosten für die Nutzung von Zahlungsmitteln« i.S.v. § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB auch solche allgemeinen Geschäftskosten zu verstehen sind, die nutzungsunabhängig beispielsweise für die bloße Vorhaltung von Einrichtungen zur Entgegennahme von Zahlungen anfallen (»transaktionsunabhängige Vorhaltekosten«), oder nur solche, die durch die Nutzung durch den Verbraucher im konkreten Einzelfall, d.h. für den konkreten Zahlungsvorgang entstehen (»transaktionsbezogene Kosten«). Das Problem wurde vom OLG Dresden zwar angesprochen aber offen gelassen>> »verschiedene« = zwei oder drei Zahlungsmöglichkeiten?Klar ist, dass die Angabe nur einer Zahlungsart nicht reicht. Das OLG Hamm [51] hat richtigerweise die Klausel »Als Zahlungsart steht Ihnen das Lastschriftverfahren zur Verfügung.« verworfen. [52]Ob es ausreicht, nur zwei mögliche Zahlungsarten zu offerieren, hat der BGH in seiner bereits mehrfach zitierten Entscheidung offen gelassen; drei Zahlungsmöglichkeiten reichen jedenfalls. [53] Rümpker [54] hält zwei Zahlungswege für ausreichend und bezeichnet dies als herrschende Meinung. Zabel [55] rät zur Vorsicht und meint, für Lieferanten sei es zur Konfliktvermeidung ratsam, mindestens drei Zahlungsmöglichkeiten bereitzustellen.
Im Hinblick darauf, dass die »Banküberweisung« jedoch, wie gerade dargelegt, nach der Rechtsprechung des BGH bereits zwei Zahlungsmöglichkeiten beinhaltet, ist der Lieferant jedenfalls dann auf der sicheren Seite, wenn er die SEPA-Lastschrift und die Banküberweisung anbietet. Das denkbare Argument, Kunden ohne Bankkonto seien ausgeschlossen, greift nicht durch, denn dieser Kunde kann von der »halbbaren« Banküberweisung Gebrauch machen, indem er an einem Bankschalter bar zugunsten des Kontos des Lieferanten einzahlt. Somit muss der Lieferant auch nicht aufwendig eine Kasse zur baren Einzahlung vorhalten.
>> Musterformulierung
Folgt man den obigen Ausführungen so ist folgende Musterformulierung notwendig aber auch ausreichend:
n. Zahlungsweise. Zahlungen fälliger Rechnungsbeträge sowie Abschlags- oder Vorauszahlungen können durch SEPA-Lastschriftmandat oder durch Banküberweisung erfolgen. XXX ist nicht verpflichtet, von einer Einzugsermächtigung oder einem SEPA-Lastschriftmandat Gebrauch zu machen, sofern es zu einer Rücklastschrift gekommen ist.
Der zweite Satz dient dazu, es dem Lieferanten zu ermöglichen, weitere Rücklastkosten zu vermeiden, wenn es einmal zu einer Rücklastschrift gekommen ist und damit dem Kunden den Weg zu verbauen, einfach jedes mal zu sagen, der Lieferant möge doch einziehen, wenn er sein Geld haben wolle. Dies schränkt zwar die Zahlungsmöglichkeiten ein, jedoch nur in dem Sonderfall, dass der Kunde seine Verpflichtungen seinerseits nicht erfüllt und nicht für Deckung auf seinem Konto sorgt.
Von einem Entgelt für die Banküberweisung wird deshalb abgesehen, weil nicht klar ist, ob transaktionsunabhängige Vorhaltekosten verlangt werden dürfen oder nicht und die transaktionsbezogenen Kosten wohl kaum ins Gewicht fallen.