Die Anreizregulierung stellt ein wichtiges Instrument zur Schaffung eines liberalisierten Energiemarktes dar. Erklärte Zielsetzung der Regulierungsinitiative ist die Steigerung der Kosteneffizienz der Netzbetreiber durch die Erzeugung von Anreizen zur Kostensenkung. Die gesteigerte Kosteneffizienz soll zu der Entwicklung wettbewerbsfähiger Preise und einer Senkung der Entgeltbelastung für den Verbraucher führen.
Neben der ARegV wird das Regulierungsprinzip durch zahlreiche andere Gesetzestexte bestimmt. Hierzu zählen neben dem EnWG auch die Entgeltverordnungen für Strom und Gas, die NAV (Niederspannungsanschlussverordnung) und NDAV (Niederdruckanschlussverordnung), die KAV (Konzessionsabgabeverordnung), das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) und das KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz). In diesem Kapitel werden die in der ARegV verankerten Bestimmungen und damit zusammenhängenden Paragrafen in angrenzenden Gesetzestexten behandelt.
Ursprünglich sah der Gesetzgeber zur Gewährleistung einer effizienten Betriebsführung lediglich die Kostenprüfung vor. Primärziel war zu diesem Zeitpunkt, den Ausbau und die Funktionsfähigkeit der Energienetze zu gewährleisten. Da in diesem System aber eine ständige Kostenerstattung für die Netzbetreiber enthalten war, entstand nahezu kein Anreiz, die Netzkosten nachhaltig zu senken. In der Fassung des EnWG von 2005 war bereits ein Vergleichsverfahren der festgestellten Kosten vorgeschrieben. [1] Es basierte auf der gängigen Kostenprüfung und Dokumentationspflicht der Netzbetreiber. Um das Vergleichsverfahren zu ermöglichen, wurden Strukturklassen und Mitteilungspflichten in den NEV genauer festgelegt. [2]
In der Praxis stellte sich jedoch heraus, dass sich die Einordnung in Strukturklassen, wie im § 24 NEV vorgeschrieben, sehr schwierig gestaltete. Die vorgesehene Gruppierung der Netzbetreiber schien nicht praktikabel. [3] Oftmals waren die gebildeten Cluster zu groß und damit die Homogenität und Vergleichbarkeit innerhalb eines Clusters eingeschränkt. Wurde die Anzahl der Cluster erhöht, sank gleichzeitig die Anzahl der Netzbetreiber (Objekte) innerhalb eines Clusters und somit auch die statistische Aussagekraft. Ein Vergleich war nur sehr eingeschränkt möglich.
Am 17.12.2006 wurde daher mit dem neuen § 21a des EnWG das Prinzip der Anreizregulierung eingeführt. Durch die Anreizregulierung sollen die Netzbetreiber gezielt Anreizen zu einer kontinuierlichen Kostensenkung ausgesetzt werden.
Vereinfacht betrachtet besteht die Anreizregulierung aus den folgenden Elementen:
- Auf der Grundlage einer Kostenprüfung wird das Ausgangsniveau für eine fünfjährige Regulierungsperiode bestimmt. [4]
- Die festgestellten Netzkosten bilden die Ausgangsbasis für die innerhalb einer Regulierungsperiode festgelegte Erlösobergrenze eines Netzbetreibers.
- Alle Netzbetreiber müssen die Netzkosten im Rahmen des allgemeinen Produktivitätsfortschritts senken, der durch den Produktivitätsfaktor festgelegt wird. [5]
- Ein Effizienzvergleich der Netzbetreiber untereinander bestimmt den Effizienzwert. Hat ein Netzbetreiber einen Effizienzwert kleiner 100 %, muss er die Netzkosten, die der Differenz entsprechen, innerhalb einer Regulierungsperiode abbauen. [6]
- Die allgemeinen Preissteigerungen innerhalb einer Regulierungsperiode werden durch eine Indizierung (Verbraucherpreisgesamtindex) der zulässigen Erlöse abgebildet und berücksichtigt.
Einzelheiten hierzu sind in der ARegV festgelegt, die auf der Grundlage der zuvor erwähnten Verordnungsermächtigung am 29.10.2007 beschlossen wurde.
Der Anreiz für die Kostenreduzierung liegt in erster Linie in der möglichen Erwirtschaftung eines Zusatzgewinns. Wenn die Senkungsvorgabe übererfüllt wird, darf der Netzbetreiber die Differenz zwischen Vorgabe und erzielter Kostensenkung als Zusatzgewinn innerhalb einer Regulierungsperiode behalten. Die Anreizregulierung gibt also nicht nur eine bestimmte Kostensenkung vor, sondern motiviert gleichzeitig zur Übererfüllung der Vorgabe (Abbildung 10).
Ein Netzbetreiber darf also den „Mehrbetrag“ als Zusatzgewinn innerhalb einer Regulierungsperiode behalten. In der Bemessungsgrundlage für die nächste Regulierungsperiode sind die zusätzlich abgebauten Netzkosten allerdings nicht mehr enthalten. Das Ausgangsniveau ist um den Betrag niedriger. Die Netzentgelte sinken dementsprechend.