Die Zweitwohnungssteuer ist als → Aufwandsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und i.d.R. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden (BVerwG, Urteil v. 26.9.2001, 9 C 1/01, ZKF 2002, S. 60).
Eine juristische Person kann nicht wohnen. Anders als eine natürliche Person hat sie keinen Wohnsitz (§ 7 BGB), sondern nur einen Firmensitz (§ 24 BGB), an dem sich ihre Geschäfts- sowie Betriebsräume befinden. Wenn sie an einem anderen Ort über eine Wohnung verfügt, hat sie dort ebenso wenig einen Wohnsitz. Der Aufwand für diese Wohnung dient bei der juristischen Person – mangels einer Privatsphäre – deren Geschäftstätigkeit und damit der Einkommenserzielung. Sie kann deshalb mit der Zweitwohnungssteuer als einer Aufwandsteuer für Einkommensverwendung auf den persönlichen Lebensbedarf durch Vorhalten einer zweiten Wohnung nicht belastet werden (BVerwG, Urteil v. 27.9.2000, 11 C 4.00, NVwZ 2001, S. 439).
Ein allgemeingültiger Wohnungsbegriff i.S.d. Zweitwohnungssteuerrechts existiert nicht. Stattdessen können die Ortsgesetzgeber hinreichend bestimmen, welcher Wohnungsbegriff maßgeblich sein soll (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 20.6.2007, 1 L 257/06, juris; OVG Sachsen, Urteil v. 25.3.2014, 4 A 531/12, juris). Eine Anlehnung an die melderechtlichen Vorschriften ist möglich (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 23.12.2005, 2 LB 31/05, juris), aber nicht zwingend geboten. Durch eine vom Melderecht unabhängige Definition der Hauptwohnung kann die Zweitwohnungssteuersatzung auch eine im Ausland belegene Hauptwohnung berücksichtigen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 29.2.1996, 2 S 1252/95, VBlBW 1996, S. 350).
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es hinsichtlich der Erstwohnung bloß darauf an, dass mit ihr das menschliche Grundbedürfnis „Wohnen“ als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Sogar der Hauptwohnsitz eines Bewohners in einem Seniorenwohnheim lässt die Heranziehung einer daneben gehaltenen Zweitwohnung mit einer Zweitwohnungssteuer zu (VGH Hessen, Urteil v. 5.10.2011, 5 A 1004/11, NVwZ-RR 2012, S. 157). Es ist unerheblich, ob der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf oder diesen etwa nur als Besitzdiener nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer – wie ein ehemaliges Kinderzimmer im elterlichen Haus – oder nur um eine „Mitwohnmöglichkeit“ handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen der Eltern genutzt wird (BVerwG, Urteil v. 17.9.2008, 9 C 14/07, NVwZ 2009, S. 532; BVerwG, Urteil v. 13.5.2009, 9 C 7/08, NVwZ 2009, S. 1437; BVerfG, Beschluss v. 17.2.2010, 1 BvR 529/09, NVwZ 2010, S. 1022). Mobilheime, Wohnmobile sowie Wohn- und Campingwagen, die zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum abgestellt sind, schließen die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer ebenso wenig aus (OVG Niedersachsen, Urteil v. 11.7.2007, 9 LB 5/07, juris).
Der Satzungsgeber ist nicht gehalten, Empfänger von Ausbildungsförderung aus dem Kreis der Steuerpflichtigen auszunehmen (VG Greifswald, Urteil v. 20.4.2011, 3 A 775/09, juris; BVerwG, Urteil v. 17.9.2008, 9 C 14/07, juris; a.A. noch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 20.6.2007, 1 L 257/06, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 20.6.2007, 1 L 241/06, juris). Gegenstand der Zweitwohnungssteuerpflicht ist nämlich der besondere Aufwand, der in Gestalt des Innehabens einer weiteren Wohnung neben der Erstwohnung betrieben, und nicht das Einkommen, das hierfür eingesetzt wird.
In Bayern wird auf Antrag eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung nicht erhoben, wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a EStG im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 29.000 € (bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern 37.000 €) nicht überschritten hat. Bezieht der Steuerpflichtige Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a oder Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG, ist den positiven Einkünften der nicht steuerpflichtige Anteil der Leistungen hinzuzurechnen. Ist die Summe der positiven Einkünfte im Steuerjahr voraussichtlich niedriger, so ist von den Einkommensverhältnissen dieses Jahres auszugehen. Die Steuer wird nicht höher festgesetzt als ein Drittel des Betrags, um den die Summe der positiven Einkünfte 29.000 € bzw. 37.000 € übersteigt (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG Bayern).
Das Verhältnis von Erstwohnung und Zweitwohnung kann wie folgt beschrieben werden (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 20.6.2007, 1 L 257/06, juris):
„Eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen rechtfertigt überhaupt erst die Annahme einer Zweitwohnung. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.2007 - 10 BN 4.06 -, juris; Urt. v. 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, Buchholz 11 Art. 105 GG Nr.17), ist sie doch begriffliche Voraussetzung einer Zweitwohnung (vgl. VG Lüneburg, Beschl. v. 28.07.2004 - 5 B 34/04 - u. Urt. v. 02.01.2004 - 5 A 118/04 -, jeweils juris). Ohne – äußerlich erkennbaren – Aufwand – auch wenn es kein ‚besonderer‘ ist – für eine Erstwohnung kann es mit anderen Worten auch keinen besonderen Aufwand in Gestalt des Innehabens einer Zweitwohnung geben. Das Bestehen einer Erstwohnung ist insoweit keine Frage der Leistungsfähigkeit im Einzelfall bzw. ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, sondern schlicht normative Voraussetzung für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer: Existiert keine Erstwohnung, gibt es keine Zweitwohnung und damit auch keinen äußerlich erkennbaren und besteuerbaren besonderen Aufwand als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.“ (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 20.6.2007, 1 L 257/06, juris).
Zweitwohnung ist mithin jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung innehat. Fehlt in einer Zweitwohnungssteuersatzung eine eigene Definition des Begriffs Hauptwohnung, ist auf das Melderecht abzustellen (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 29.9.1988, 2 S 3458/86, KStZ 1989, S. 236). Einer Zweitwohnungssteuerpflicht steht nicht entgegen, dass das Innehaben der Hauptwohnung in der Gemeinschaftsunterkunft in einer Kaserne der Bundeswehr nicht auf der freien Willensentscheidung des Steuerpflichtigen beruht (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 30.4.2008, 4 M 332/07, NVwZ-RR 2008, S. 817).
Das Innehaben einer Zweitwohnung setzt voraus, dass der Zweitwohnungsinhaber die rechtliche Verfügungsbefugnis und tatsächliche Verfügungsmacht hat. Er muss also entsprechend seinen Vorstellungen zur persönlichen Lebensführung selbst bestimmen können, ob, wann und wie er diese nutzt, ob und wann er sich selbst darin aufhalten oder sie anderen zur Verfügung stellen will. Das BVerfG stellt deshalb ausdrücklich darauf ab, dass Inhaber einer steuerpflichtigen Zweitwohnung nur der Eigentümer, Mieter oder sonst Nutzungsberechtigte sein kann (BVerfG, Beschluss v. 6.12.1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.2.2013, 2 S 2515/12, KStZ 2013, S. 151). Die Verfügungsbefugnis des Steuerschuldners muss sich auf eine konkrete Wohnung beziehen. Daran kann es z.B. in einem Internat fehlen, wenn laut Vertrag lediglich Anspruch auf Unterbringung in einem Zweibettzimmer besteht. In diesem Fall greift keine eine Steuerpflicht (VG Greifswald, Urteil v. 19.8.2011, 3 A 924/09, juris).
Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine → Hauptwohnung. Entscheidend ist die vorwiegende Benutzung und damit der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen; letztlich kann der Einwohner – ausgenommen Verheiratete und Minderjährige – im Rahmen des melderechtlich vorgegebenen Beurteilungsspielraums selbst entscheiden, an welchem Ort und für welche Wohnung dies der Fall ist.
Ein steuerbarer Tatbestand liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn eine Zweitwohnung aus Gründen der Berufstätigkeit angemietet wird (sog. Erwerbswohnung; BVerwG, Urteil v. 12.4.2000, 11 C 12/99, BVerwGE 111, 122). Entsprechendes gilt für das Anmieten der Zweitwohnung aus Gründen der Berufsausbildung oder Studiums (VG Ansbach, Urteil v. 16.7.2014, AN 11 K 13.02050, juris; VGH Bayern, Urteil v. 14.2.2007, 4 N 06.367, juris; BFH, Urteil v. 17.2.2010, II R 5/08, BStBl 2010 II S. 88). Demzufolge greift beim Vorhalten einer Zweitwohnung aus Gründen der Berufstätigkeit auch bei nicht dauernd getrennt lebend Verheirateten die Steuerpflicht, sofern es sich – um Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Ehe und Familie) zu wahren – nicht um eine Hauptwohnung i.S.d. Melderechts handelt (VG Ansbach, Urteil v. 16.7.2014, AN 11 K 13.02050, juris; VG Schwerin, Urteil v. 30.10.2007, 3 A 2408/04, juris).
Das BVerfG hat unmissverständlich ausgeführt, dass eine Differenzierung von Zweitwohnungen nach dem mit ihnen verfolgten Zweck mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Einklang steht (BVerfG, Beschluss v. 6.12.1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325):
„Auch im Vergleich zu den auswärtigen Zweitwohnungsinhabern, die aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken eine Zweitwohnung im Gemeindegebiet innehaben, fehlt ein sachlicher Grund aus dem Wesen und Zweck der Zweitwohnungssteuer für die Beschränkung der Steuerpflicht auf den durch § 2 Abs. 2 der Satzung erfaßten Personenkreis.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen besteht lediglich im Zweck des besteuerten Aufwandes. Das Wesen der Aufwandsteuer schließt es aber aus, für die Steuerpflicht von vornherein auf eine wertende Berücksichtigung der Absichten und verfolgten ferneren Zwecke, die dem Aufwand zugrunde liegen, abzustellen. Maßgeblich darf allein der isolierte Vorgang des Konsums als Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sein. Die unterscheidende Berücksichtigung der Gründe für den Aufenthalt zum Zwecke der Abgrenzung des Kreises der Steuerpflichtigen ist damit im Rahmen der Aufwandsteuer ein sachfremdes Kriterium und hat vor Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bestand.“ (BVerfG, Beschluss v. 6.12.1983, 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325).
Auch eine Zweitwohnung, die der Trennung vor einer Ehescheidung dient, unterliegt der Zweitwohnungssteuer (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.5.2007, 14 A 2608/05, NVwZ-RR 2007, S. 555).
Wohnungen, die als reine Geld- oder Vermögensanlage gehalten werden, also nicht der Einkommensverwendung, sondern allein der Einkommenserzielung dienen, werden nicht ...
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